Ausnahmen im neuen Vergaberecht begünstigen ausschreibungsfreie Vergabe

Der Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts hat am 17. und 18.12.2015 die letzten Stufen des Gesetzgebungsverfahrens passiert und wird am 18.04.2016 in Kraft treten. Nach Auffassung des BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. werden die im neuen Gesetz enthaltenen weitgehenden Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Vergaberechts für die öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit der Verstaatlichung von Dienstleistungen weiteren Vorschub leisten. Der BDE sieht in der ausschreibungsfreien Vergabe von Aufträgen zwischen zwei öffentlichen Auftraggebern eine massive Wettbewerbsverzerrung zu Lasten insbesondere der privaten Recycling- und Entsorgungswirtschaft. Es ist bedenklich, dass mit den neuen, im Gesetz verankerten Ausnahmen für die interkommunale Zusammenarbeit und die Inhouse-Vergabe das Vergaberecht umgangen werden kann und einer vernünftigen Mittelstandspolitik einmal mehr Steine in den Weg gelegt werden.

BDE-Präsident Peter Kurth: „Die fraktionsübergreifend gefeierte Stärkung des Wettbewerbs im Zuge der Vergaberechtsnovelle lässt nicht nur den Laien staunen, auch der Fachmann ist verwundert. Denn was nützen einem die schönsten Bekundungen, wonach Dienstleistungen weiterhin im Wettbewerb vergeben werden, wenn die Kommunen darüber entscheiden, wann eine Dienstleistung tatsächlich im Wettbewerb vergeben wird? Das Gebot, dass eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nur dann zulässig ist, wenn ein dringender öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert, wird hier mit Füßen getreten.“

Insbesondere bedauert der BDE, dass der Gesetzgeber nicht der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz aus Dezember 2014 gefolgt ist und es unterlassen hat, in den Voraussetzungen für die ausschreibungsfreie interkommunale Zusammenarbeit klarzustellen, dass Zusammenarbeit in diesem Sinne mehr sein muss als eine bloße Leistung gegen Bezahlung.

In diesem Zusammenhang nimmt der BDE insbesondere die Erklärung der Regierungsfraktionen zu den Ausnahmen bei öffentlich-öffentlicher Zusammenarbeit mit deutlicher Kritik zur Kenntnis. Leider wird in dieser Erklärung unter Nichterwähnung des genannten Beschlusses des OLG Koblenz zur näheren Bestimmung des Begriffes „Zusammenarbeit“ lediglich festgestellt, dass die neue Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe keine Definition von „Zusammenarbeit“ enthält. Stattdessen wird Bezug genommen auf die Gesetzesbegründung der Richtlinie, wonach sich der Beitrag eines Teilnehmers der interkommunalen Kooperation auch auf einen bloßen Finanztransfer beschränken kann. Mit Blick auf eine abschließende Definition des Begriffes „Zusammenarbeit“ wird auf die zukünftige Rechtsprechung des EuGH verwiesen.

BDE-Präsident Peter Kurth: „Die weite Ausgestaltung der Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Vergaberechtes für die interkommunale Zusammenarbeit und die Inhouse-Vergabe stehen aus Sicht des BDE im klaren Widerspruch zu dem erklärten Ziel der Bundesregierung, Entsorgungsdienstleistungen im Wettbewerb zu vergeben.“

Der BDE hatte sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens neben der Forderung nach einer eingrenzenden Definition des Begriffes „Zusammenarbeit“ insbesondere dafür eingesetzt, Wettbewerbern im Falle einer ausschreibungsfreien Vergabe die Überprüfung zu vereinfachen, ob die Voraussetzungen für eine ausschreibungsfreie Auftragsvergabe tatsächlich vorgelegen haben. Peter Kurth: „Mit der sogenannten ex-post-Transparenz für Inhouse-Vergaben und Vergaben im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit hätten entsprechende Vertragsabschlüsse verpflichtend nachträglich im Amtsblatt der EU bekannt gemacht werden müssen. Privaten Unternehmen wäre damit stets Gelegenheit gegeben worden, die Rechtmäßigkeit der ausschreibungsfreien Vergabe zu überprüfen.“

(Quelle: BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V.)
Quelle: ibr-online, Dezember 2015