Noch Akquise oder schon Vertrag?

Bei der Feststellung, ob und in welchem Umfang vertragliche Beziehungen zwischen einem Projektentwickler und einem Architekten zu Stande gekommen sind, ist – wie das OLG Düsseldorf entschieden hat – nicht die HOAI als Preisvorschrift, sondern sind grundsätzlich allein die Bestimmungen (BGB §§ 145 ff) und die allgemeinen Grundsätze des BGB heranzuziehen. Insbesondere gelten insoweit nicht die Regeln des Anscheinsbeweises für eine Beauftragung bzw. einen bestimmten Auftragsumfang, etwa in Bezug auf einzelne Leistungsphasen bzw. Teile einzelner Leistungsphasen der HOAI. Aus der „Abarbeitung“ von Leistungen einzelner Leistungsphasen der HOAI kann also nicht auf einen Vertragsschluss geschlossen werden.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2013 – 22 U 57/13

Quelle: ibr-online

Abgrenzung von Leistung und Nachtrag: VOB/C doch nicht maßgeblich?

1. Allein der Umstand, dass die geforderte Leistung in der einschlägigen DIN-Norm als Besondere Leistung aufgeführt wird, lässt nicht ohne Weiteres den Rückschluss zu, dass sie, wenn sie im Leistungsverzeichnis nicht ausdrücklich erwähnt wird, auch nicht zum Vertragsinhalt gehört. Vielmehr sind für die Bestimmung der geschuldeten Leistung neben dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung die Umstände des Einzelfalls maßgeblich.

2. Für die Abgrenzung zwischen unmittelbar vertraglich geschuldeten und zusätzlichen Leistungen kommt es auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung an und nicht auf die Unterscheidung in den DIN-Normen zwischen unentgeltlich zu erbringenden Nebenleistungen und vergütungspflichtigen Besonderen Leistungen. Eine im Leistungsverzeichnis nicht ausdrücklich aufgeführte Leistung ist deshalb jedenfalls dann stillschweigend miterfasst, wenn sie für die Erbringung der Gesamtleistung unentbehrlich ist.

OLG Rostock, Urteil vom 21.04.2011 – 3 U 74/08; BGH, Beschluss vom 20.06.2013 – VII ZR 120/11 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Quelle: IBR 2013, 522

Hinderliche Stromleitung wird nicht entfernt: Auftragnehmer erhält zusätzliche Vergütung!

Kann ein Bieter der Ausschreibung entnehmen, dass eine für den verkehrsüblichen Einsatz eines Krans hinderliche Hochspannungsleitung vom Auftraggeber wegen der vorgesehenen Bohrpfahlarbeiten ohnehin zum Beginn der Arbeiten abgebaut werden muss, so muss er ohne einen entsprechenden Hinweis in der Ausschreibung nicht annehmen, dass die Hochspannungsleitung nur für die Dauer der Bohrpfahlarbeiten entfernt bleibt. Ein solcher Hinweis wäre nach § 9 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A a.F. geboten gewesen.*)

BGH, Urteil vom 12.09.2013 – VII ZR 227/11

Quelle: IBR 2013, 663

Bauüberwacher haftet nicht für jeden Ausführungsmangel!

1. Der Bauüberwacher haftet für Ausführungsmängel an den von ihm zu überwachenden Gewerken.

2. Einfache Arbeiten muss der Bauüberwacher nicht überwachen. Für die Beseitigung von Mängeln an solchen Arbeiten hat der Bauüberwacher nicht einzustehen.

3. Der Bauüberwacher muss Mängel auch an nicht überwachungspflichtigen Arbeiten bei der Abnahme feststellen. Er haftet insoweit, als durch das Übersehen bei der Abnahme ein weitergehender Schaden entstehen würde.

OLG München, Urteil vom 09.07.2013 – 28 U 4652/12 Bau

Quelle: IBR 2013, 691

Unklarheiten in der Ausschreibung gehen nicht zu Lasten des Auftragnehmers!

Das Ergebnis der Auslegung eines Bauvertrags aufgrund öffentlicher Ausschreibung wird nicht dadurch beeinflusst, dass der Auftragnehmer etwaige Unklarheiten der Ausschreibung nicht aufgeklärt hat (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13.03.2008 – VII ZR 194/06, Rz. 38, ibr-online).*)

BGH, Urteil vom 12.09.2013 – VII ZR 227/11

Quelle: IBR 2013, 664

Bauvertrag – § 642 BGB: Besteller muss nicht für gutes Wetter sorgen!

OLG Brandenburg, Urteil vom 26.06.2013 – 11 U 36/12

1. § 642 BGB regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch. Er knüpft an die Obliegenheit des Bestellers an, bei der Herstellung des Werks mitzuwirken. Unterlässt der Besteller diese Mitwirkungshandlung und gerät er in Gläubigerverzug, kann dem Unternehmer über den Ersatz der Mehraufwendungen hinaus ein Anspruch auf angemessene Entschädigung zustehen.

2. Eine Mitwirkungsobliegenheit des Bestellers kommt auch bei ungünstigen Witterungseinflüssen in Betracht, etwa dann, wenn die Baugrube voll Regenwasser steht. Dann muss sie unter Umständen – und zwar in der Regel vom Besteller – ausgepumpt werden.

3. Es besteht keine Obliegenheit des Bestellers, dem Unternehmer ein für die Bauausführung auskömmliches Wetter zur Verfügung zu stellen. Der Besteller kommt deshalb nicht in Annahmeverzug, wenn der Unternehmer aufgrund unvorhergesehener Witterungsverhältnisse vorübergehend nicht leistungsfähig ist.

Quelle: ibr-online, 30.09.2013

Leistung muss auch bei „technischem Neuland“ funktionieren!

Wer mit der von ihm versprochenen Werkleistung „technisches Neuland“ betritt, haftet bei Nichteintritt des Erfolgs auch dann, wenn er sein eigenes Leistungsvermögen und die technische Beherrschbarkeit der anstehenden Probleme falsch eingeschätzt hat. Die Behauptung, der Dauerbetrieb eines Holzgasheizkraftwerks scheitere nur daran, dass die vom Besteller eingesetzten Betriebsstoffe ungeeignet seien, ist unerheblich, solange der Werkunternehmer nicht aufzeigt, welche Betriebsstoffe sich für den Dauerbetrieb eignen und wo der Besteller sie beschaffen kann. Das hat das OLG Koblenz am 30.01.2013 entschieden.

OLG Koblenz, Beschluss vom 30.01.2013 – 5 U 324/12

Quelle: Neuigkeiten von ibr-online, 09.2013

Pflasterarbeiten „schwarz“ ausgeführt: Auftragnehmer muss Mängel nicht beseitigen!

Das Schwarzarbeitsgesetz enthält in § 1 Abs. 2 Nr. 2 das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrags, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Dieses Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrags gemäß § 134 BGB, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Mängelansprüche des Bestellers bestehen in diesem Fall grundsätzlich nicht. Das hat der BGH am 01.08.2013 entschieden.

BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13

Quelle: ibr-online, August 2013

Mängelbeseitigung nicht abgenommen: Wann endet die Hemmung der Verjährung?

1. Beseitigt der Auftragnehmer im VOB-Vertrag hervorgetretene Mängel, beginnt die zweijährige Verjährung für diese Leistungen (VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3) erst nach Beendigung und Abnahme der Mängelbeseitigungsarbeiten.

2. Kommt es nicht zu einer Abnahme der Mängelbeseitigungsleistungen, endet die während der Dauer der Mängelbeseitigung eingetretene Hemmung der Verjährung durch Prüfung des Mangels bzw. Verhandlungen, wenn der Auftragnehmer die (weitere) Mängelbeseitigung endgültig verweigert.

BGH, Beschluss vom 16.05.2013 – VII ZR 63/11,

Quelle:  IBR 2013, 466

Tiefbauunternehmer darf Angaben des Auftraggebers nicht vertrauen!

1. Ein Tiefbauunternehmen muss bei Bauarbeiten an öffentlichen Straßen in einer Stadt – insbesondere im Bereich von Kreuzungen innerstädtischer Straßen – mit dem Vorhandensein unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen rechnen, äußerste Sorgfalt bei Schachtungen walten lassen und sich den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf der Leitungen dort verschaffen, wo die entsprechenden zuverlässigen Unterlagen vorhanden sind.*)

2. Das Unternehmen darf sich nicht auf die – mehr oder weniger zuverlässigen – Angaben des Auftraggebers verlassen, sondern ist verpflichtet, sich die erforderlichen Informationen bei dem ihm bekannten Versorgungsunternehmen (hier: für Telekommunika­tionsleitungen) zu verschaffen.*)

 

OLG Naumburg, Urteil vom 31.01.2013 – 2 U 40/12, IBR 2013, 346

 

Quelle: ibr-online, Mai 2013