Mangelnde Baustellen-Sicherung kann ein Vermögen kosten

Für einen aus fehlender Sicherung resultierenden Unfall, eines Beschäftigen auf der Baustelle kann der Vorgesetzte vom Sozialversicherungs-Träger auch dann regresspflichtig gemacht werden, wenn es sich um den Mitarbeiter eines befreundeten Unternehmens handelt.  So entschied das Oberlandesgericht Koblenz in einem Urteil vom 22. Mai (Az.: 2 U 574/12).

Was war passiert?

Ein Versicherter der Berufsgenossenschaft, der von seinem Arbeitgeber zur Errichtung eines Daches vorübergehend an ein befreundetes Unternehmen „ausgeliehen“ wurde, erlitt beim Sturz in die Tiefe schwere Schädel- und Wirbelverletzungen mit dem Resultat einer Querschnittslähmung. Obwohl sein „Interims“-Vorgesetzter nachweislich explizit damit konfrontiert worden war, dass die Baustelle entgegen unmissverständlicher Unfallverhütungsvorschriften nur unzureichend gesichert war, hatte er das spätere Unfallopfer dort arbeiten lassen. Die Berufsgenossenschaft stufte dieses Verhalten als grob fahrlässig ein und wollte den Beklagten mit einer Zahlung von beinahe 950.000 Euro in Anspruch nehmen.

Das Urteil:

Sowohl das Landgericht Mainz (erste Instanz) wie auch das von dem Beklagten in Berufung angerufene Koblenzer Oberlandesgericht teilten die Auffassung des gesetzlichen Unfallversicherers, obwohl es sich bei dem Unfallopfer nicht um den Mitarbeiter des ausführenden Unternehmens, sondern den eines befreundeten Unternehmens handelte. Denn der für die Baustelle verantwortliche Beklagte war gegenüber den dort tätigen Beschäftigten weisungsbefugt. Auch träfe den Unfallgeschädigten, der von der unzureichenden Sicherung wusste, keine Mitschuld, da er lediglich den Weisungen seines Vorgesetzten entsprochen habe.

Letztlich hatte der Beklagte wohl Glück im Unglück. Denn nach Auffassung des Gerichts muss der Betriebshaftpflicht-Versicherer seines Arbeitgebers für den Schaden aufkommen.

Quelle: AIA-News, September 2014

Ungewöhnlich niedrig erscheinende Angebote müssen (zwingend) aufgeklärt werden!

1. Erscheint das Angebot eines Bieters nach Einschätzung der Vergabestelle ungewöhnlich niedrig, ist sie vor einem etwaigen Angebotsausschluss dazu verpflichtet, von dem Bieter Aufklärung zu verlangen. Diese Aufklärung kann nicht durch eine Preisprüfung unter Heranziehung eigener Unterlagen ersetzt werden.

2. Die die Aufklärungspflicht des Auftraggebers auslösende Annahme eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises bezieht sich lediglich auf den Gesamtpreis, nicht aber auf die einzelnen Positionen, aus denen er sich zusammensetzt.

3. Soweit der Auftraggeber die Annahme eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises auf eine eigene Kostenschätzung stützt, muss diese in sich schlüssig und nachvollziehbar sein.

4. Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Kostenschätzung stellt in Bezug auf die darauf gestützte Annahme eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises einen erheblichen Verstoß gegen die Dokumentationspflichten des Auftraggebers dar.

5. Unterkostenangebote sind nicht per se unzulässig. Der Auftraggeber darf einen Zuschlag auch auf ein ungewöhnlich niedriges Angebot erteilen, solange die Prognose gerechtfertigt ist, dass der Bieter auch zu diesem Preis zuverlässig und vertragsgerecht wird leisten können.

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.11.2014 – 2 VK 16/14

Quelle: ibr News – Architekten und Ingenieure #03/2015, IBRRS 2015